zu der Fragen

Wissenschaftliche Theorie




Eine wissenschaftliche Theorie ist ein vereinfachendes interpretierendes Modell spezieller Aspekte einer sinnlich und messtechnisch kollektiv erfahrbaren Realität (Empirie). Es ist dabei nicht notwendig, dass die Theorie dem unmittelbaren Eindruck der Realität entspricht. Sie muss lediglich die empirischen Daten beschreiben, erklären und vorhersagen und dabei den folgenden Kriterien genügen:

    logische Kriterien:

  1. Offenlegung von Grundannahmen (Axiomen) und Begrifflichkeiten (Definitionen).
  2. Zirkelfreiheit (Verzicht auf Aussagen, die sich (teilw.) auf sich selbst als Voraussetzung beziehen)
  3. Konsistenz (innere und äußere Widerspruchsfreiheit)
  4. Falsifizierbarkeit (eine Theorie muss so formuliert werden, dass sie Voraussagen [ggf. auch über die Vergangenheit] trifft, die prinzipiell durch Experimente widerlegt werden könnten)
  5. Anwendbarkeit (gibt den Bereich an, in dem die Theorie sinnvoll angewandt werden kann)

    pragmatische Kriterien:

  6. Sparsamkeit (Sparsam in den vorgeschlagenen Begriffen, Strukturen und Erklärungen - siehe Ockhams Rasiermesser)
  7. Nützlichkeit (die Theorie beschreibt, erklärt und prognostiziert - im Idealfall ist sie technisch anwendbar)

    progressive Kriterien:

  8. Begründung auf vielen Beobachtungen, oft in der Form kontrollierter, wiederholbarer Experimente.
  9. Korrigierbarkeit und Dynamik (kann geändert werden, wenn neue Daten entdeckt werden)
  10. Progressivität (ist besser als vorhandene Theorien)
  11. Vorläufigkeit (macht das Zugeständnis, dass sie nicht richtig sein könnte)

Für eine wissenschaftliche Theorie ist es also zunächst irrelevant, ob sie wahr, ethisch gut oder unmittelbar einleuchtend ist. Da wissenschaftliche Theorien die geforderten Kriterien auf sehr unterschiedlichem Niveau erfüllen, spricht man bei besonders unsicheren Theorien oft von Hypothesen und bei besonders sicheren Theorien oft von Sätzen oder Naturgesetzen (z.B. Energieerhaltungssatz). Theorien, die den Kriterien grundsätzlich widersprechen nennt man oft pseudowissenschaftliche Theorien.

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