Befreiung

von Johanna





 

Inhalt:




Leben mit einem Geheimnis
erste Zweifel
das Evangelium
Christ werden
die Taufe
Ich bin frei
Johanna



 

Leben mit einem Geheimnis



Eigentlich dachte ich immer, alles sei in Ordnung. Ich glaubte an Gott, war kein Verbrecher und kannte sogar viele biblische Geschichten. Trotzdem war mir der Gott dieser Geschichten irgendwie fremd und ich erlebte ihn eher als "Spielverderber" denn als Freund und Vater. Das Problem war: Die Bibel kannte ich - aber ich kannte sie fast nur aus der sog. Neuoffenbarung. Es handelt sich dabei um Schriften, die als wenigstens gleichwertige Fortsetzung des Bibelkanons gesehen werden. Über das Leben von Jesus gibt es z.B. zwölf dicke Bücher - elf davon von Jakob Lorber (1800-1864), dem sog. "Schreibknecht Gottes". Lorber berichtete von einer Stimme, die er 1840 erstmals "in der Nähe des Herzens" hörte. Diese Stimme stellte sich ihm als Jesus vor und diktierte ihm in den folgenden 24 Jahren ein monumentales Gesamtwerk, daß allein schon aufgrund seines Umfanges von vielen Lorberanhängern als glaubhaft eingestuft wird. Bis heute gilt Jakob Lorber als der bedeutendste Prophet der Neuoffenbarung, aber es gibt neben ihm auch eine große Zahl von Menschen, die diese innere Stimme, auf die sich auch jedes weitere Neuoffenbarungswerk beruft, zu hören glauben.

Manche dieser Bücher berichten von Menschen, die gestorben sind und im Jenseits weitergeführt werden. In einer Art geistlichen Evolution entwickelten sich die meisten Menschen aus den in toter Materie gebundenen "Seelenteilchen" über Pflanzen und Tiere zum Menschen, um nach dem Tod, endlich befreit von der "bösen" Materie, sich lernend immer weiter zu Gott emporzuarbeiten. Außerdem wird in weiteren Büchern über Menschen auf z.B. Mond, Sonne, Saturn... aufgeklärt und auch gleich die Physik mitgeliefert, die das Leben dort möglich macht. Darüberhinaus wurde "schon zu Jesu Lebzeiten" den Jüngern erklärt, daß Vögel mit Wasserstoff fliegen, daß Kaffee und Kartoffeln für den Menschen ungesund sind und was es mit der Dreieinigkeit auf sich hat. Die Neuoffenbarung "erklärt" an anderer Stelle, daß Menschen und die ganze Schöpfung nur dazu dienen, den Satan (häppchenweise - daher die "Seelenteilchen") zu Gott zurückzubringen. Die 666 ist laut der Neuoffenbarung auch ein Symbol für einen "vollkommenen Engel" und auch der Satan wirkt bei Lorber harmlos und teilweise sogar dämlich - ganz im Gegensatz zur Bibel. Doch damit nicht genug. Selbst der Kreuzestodes Jesu als Erlösertat wird bestritten und ethische Grundlagen des Christentums umgedreht. Derartige Stellen verstecken sich zwar häufig im Text - die Bücher erzählen jedoch meist langatmig von "Liebe" und den "großen" und "tiefen" Geheimnissen des Glaubens und der Welt. So wird die Neuoffenbarung auch nicht (was treffender wäre) als Grundlage einer anderen Religion verstanden, sondern als Korrektur der Bibel, die nur "reifen" Menschen unter der Hand weitergegeben werden soll, mit der Auflage, selbst Stillschweigen darüber zu bewahren. Auf diese Weise werden Gemeinden infiltriert von einer Lehre, die die Kernaussagen des christlichen Glaubens weginterpretiert.

Bei einem Angebot von ca. 10 000 Seiten "Hauptneuoffenbarung" und noch vielen weiteren "Offenbarungswerken" wird die Bibel weitgehend "erklärt", "ergänzt" und "berichtigt" und die 1500 Bibelseiten (die angeblich völlig verfälscht sind) verschwinden daneben schnell. Die Bibel ist für viele Neuoffenbarungsanhänger zwar die Grundlage, studiert werden allerdings diese Schriften, die durch ihren erwähnten Umfang die Botschaft der Bibel drehen und neu erklären, angebliche Übersetzungsfehler aufzeigen und den "Originalwortlaut" wiedergeben, und durch Vermischen mit dem damaligen Weltbild, der damaligen Volksfrömmigkeit und eigenen Vorstellungen eine eigene Art von "Christentum" entstehen lassen. Alle Härten und Unannehmlichkeiten, alle Konflikte mit dem damaligen Zeitgeist und alle interreligiösen Spannungen werden weggeredet. Übrig bleibt viel Text mit wenig Aussage.

Schon als Kind wußte ich aus der Neuoffenbarung, daß ich mit diesem meinem "Wissen" nicht hausieren gehen soll. Man erfährt in diesen Schriften, daß das Wissen um diese Offenbarungen ein besonderes Privilege darstelle, aber nicht alle Menschen "so weit" seien und es deshalb nicht verstehen könnten. So hörte ich mir z.B. im Religionsunterricht oft Geschichten an, die ich "viel besser" kannte. Meist war allerdings das Problem, daß ich nicht mehr genau wußte, wo Bibel aufhört und Neuoffenbarung anfängt. So hielt ich mich zurück und lernte, mit dieser Halbwahrheit zu leben: "Ich glaube ich an die Bibel" - obwohl ich es besser weiß.

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erste Zweifel



Über ganz verrückte Wege lernte ich als Teenager eine Jugendgruppe der evangelischen Kirche kennen, die aber auch offen für Jugendliche anderer Konfessionen war. Zuerst ging ich dahin, weil ich Christlichsein gut fand, aber irgendetwas fesselte mich so, dass ich regelmäßig mitmachte (z.B. bei selbstgestaltete Jugendgottesdienste - es waren damals ca. 50 Jugendliche). Ich fühlte ich mich dort sehr wohl. Wir lasen miteinander in der Bibel, sangen und beteten gemeinsam, planten missionarische Aktionen und verbrachten viel Zeit miteinander (Kino, Grillen, ...). Nur etwas irritierte mich. Jesus war wichtiger als ich es kannte. Und er war anders.

Zwar soll Jesus die Offenbarungen Lorber persönlich diktiert haben, deswegen ist sie ja "viel besser" als die "so sehr von Menschen verfälschte" Bibel, und es wird auch ständig von Liebe (und "übergroßer Liebe" und der "allergrößten Liebe") geredet, aber gespürt habe ich sie nicht. Wenn man in den Büchern von Lorber liest, wie "Jesus" mit den Menschen redet (entweder im Jenseits oder vor 2000 Jahren auf der Erde, wenn er seinen Zuhörern z.B. etwas von Erde und Kugel erklärt (und die das auch schnell kapieren)) sind die Leute oft ganz hin und weg vor Liebe zu Jesus und sie lassen sich in seitenlangen Monologen darüber aus. Aber mit mir und meinem Leben hatte das irgendwie nichts zu tun. Auch wenn man seitenweise über Liebe nur in Superlativen liest, ändert das nichts daran, daß man an sich arbeiten und sich nur selbst verändern kann. Und daß man sich bemühen muß, zumindest "zur Hälfte"(!) geistig wiedergeboren zu sein. Man ist deshalb laut dieser Lehre auch kein "Christ", sondern ein "werdender Christ". Daß sich Jesus aus Liebe zu uns Menschen kreuzigen ließ, kannte ich. Nur konnte ich mit dieser Aussage nichts anfangen. Denn durch den Kreuzestod hat Jesus laut Lorber nur seinen Teil vollbracht, meinen eigenen muß ich trotzdem selbst vollbringen.

Es gibt in den "Jenseits-Berichten" auch Szenen von Menschen, die in den von ihnen angebeteten Gottheiten Jesus erkennen. Als ich deshalb einmal in der Jugendgruppe nachhakte, ob denn nicht ein "guter" Mensch aus einer anderen Religion durch gute Taten seiner Religion und Liebe zu irgendeiner Gottheit erlöst werden kann, kam aus dem Kreis sehr bestimmt, dass nur Jesus der einzige Weg ist und dass nur er retten kann. Diese Einschränkung verwirrte mich, weil ich es aus der Neuoffenbarung anders kannte.

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das Evangelium



Durch die vielen Gespräche mit meinen neuen Freunden, die nichts von meinem Neuoffenbarungshintergrund wussten, lernte ich Gott immer besser kennen. Den Himmel kann man sich nicht verdienen, denn die Trennung von Gott, die ich nicht überbrücken kann, bleibt. Und Jesu Liebe braucht man sich nicht zu verdienen, denn er liebte mich schon bevor ich geboren wurde: Jesus ist meinen Tod, den ich eigentlich verdient hätte, gestorben, damit ich leben kann. Und jetzt hält er mir die Hand hin und bietet mir an: "Gib mir dein bisheriges Leben, und du bekommst von mir ewiges Leben. Vertrau mir, ich mache das Beste daraus."

Endlich hatte ich verstanden, was das Evangelium, zu deutsch: Frohe Botschaft, ist. Zehn dicke Bücher von Lorber heißen "großes Evangelium", aber in keinem habe ich es wirklich erfahren. Ich dachte sogar als Kind, "Evangelium" sei ein anderes Wort für langatmige Belehrungen.

Die Trennung von Gott wäre damit überwunden, aber ich traute mich nicht, Jesus mein Leben zu geben. Es war ja ein Wagnis, ich wusste nicht, was er damit vorhatte. Ich unterstellte ihm lauter Gemeinheiten, daß er mir Dinge zumutet, die ich nicht schaffe... . Ich wußte aus den Lorberschriften, daß Gottes Wille eigentlich immer gegen den eigenen Wunsch geht, und daß das, was mir Spaß macht, immer schlecht ist. Aber auch da musste ich gründlich aufräumen.

Eine Entscheidung für Jesus war noch nicht gefallen. Sie war jetzt gefragt. Entweder ich lebe einfach so weiter, aber dann lerne ich Jesus nie persönlich kennen. Ich versuche, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen und es sinnvoll zu gestalten, aber dann mache ich wahrscheinlich eine Bauchlandung, weil mein begrenztes Wissen immer hinter dem meines Schöpfers zurückbleibt. Oder ich gebe es ab, und mein neues Leben bekommt Sinn, weil Gott mich dort einsetzen kann, wo er mich braucht.

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Christ werden



Trotzdem traute ich mich nicht, Jesus mein Leben zu geben. Es war ein Wagnis, ich wusste nicht, was er damit vorhatte. Aus den Lorberschriften kannte ich nur, dass Gottes Wille eigentlich immer gegen den eigenen Wunsch geht, und dass das, was mir Spaß macht, meist schlecht ist. In dieser Zeit wurde mir dann auch noch von einem Neuoffenbarungsanhänger vorgeworfen, ich entwickle ein falsches Gottesbild, wenn ich glaube, ich könne als „werdender Christ“ so leben wie die jungen Leute der Jugendgruppe, die nicht so viel über Jesus wüssten wie ich. Letztlich gestand ich Gott meine Angst, dass mein Leben eine Quälerei wird, wenn ich jetzt seinen Willen tun muss. Doch es kam ganz anders. Jesus redet nicht ständig von Liebe, er lässt mich seine Liebe spüren - auch heute noch.

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die Taufe



Sehr bald wurde mir auch klar, daß ich mich in der Taufe von allem, was mir noch aus meinem alten Leben anhängt lossagen und mich öffentlich zu Jesus stellen kann. Ich hatte bereits alle Neuoffenbarungs-Bücher, die ich besaß, vernichtet, aber es quälten mich doch noch oft Gedanken daraus.

Durch verschiedene Umstände mußte ich noch ein halbes Jahr auf meine Taufe warten. Früher glaubte ich, Anfechtung sei ein frommes Wort für: "Mir geht’s heute nicht so gut", bis ich sie dann selbst erlebte. Mit allen Mitteln wurde versucht, mich von dieser Taufe abzuhalten. Man kann schwer beschreiben, was da alles passierte. Mit allen Mitteln wurde versucht, mich von dieser Taufe abzuhalten. Es ging so weit, daß ich schon glaubte, mich nicht taufen lassen zu können, weil ich fast nicht mehr beten konnte. Es waren hauptsächlich innere Angriffe, aber auch äußere Umstände, die plötzlich auffällig häufig negativ auftraten. Dazu kamen wöchentliche Migräneattacken, die mehrere Tage andauerten (ich hatte bis dahin noch nie Migräne, und nach der Taufe hörte sie auch schlagartig auf). Schon vorher, an dem Tag als ich mich entschloß, nun offen über die Neuoffenbarung zu reden (ausgelöst durch Mt 10,26ff - was ja laut Neuoffenbarung nicht im Sinne "Jesu" ist), wurde versucht, uns etwas anzuhängen. Mein Mann war ratlos, aber mir war klar, daß "Etwas" nicht will, daß wir mit anderen über das Problem "Neuoffenbarung" sprechen. Vielmehr sollten wir alles stillschweigend auf sich beruhen lassen- was wir allerdings nicht taten. Spätestens seit dieser Zeit weiß ich, daß das Böse genauso real ist wie Jesus. Aber Jesus ist stärker.

Irgendwie überstand ich das halbe Jahr bis zur Taufe. Schließlich stand ich am Pult um zu sagen, warum ich mich taufen lassen will. Ich wollte mit Reden beginnen, aber es war, als würde mir von hinten der Mund zugehalten werden. Ich wollte öffentlich - vor der sichtbaren und unsichtbaren Welt - festlegen, daß Jesus der alleinige Herr über mein Leben ist, aber es wurde versucht zu verhindern. "Etwas" wollte das nicht zulassen. "Etwas", das ich nicht sehen konnte. "Etwas"- oder "Jemand", der mich schon das letzte halbe Jahr von der Taufe abhalten wollte und nun seine letzte Chance witterte. Und mir wurde schlagartig klar, daß ich jetzt nicht nachgeben durfte. Ich begann, den Spickzettel, den ich mir geschrieben hatte, Wort für Wort vorzulesen. Jeder Satz war ein Kampf und wurde kaum verständlich hervorgewürgt. Innerlich schrie ich Jesus um Hilfe und Kraft an, damit ich durchhalten konnte und er half mir. Als ich aus dem Wasser stieg, fühlte ich mich trotz der nassen Kleider viel leichter als vorher. Ich konnte durch diesen Bruch mit der Neuoffenbarung mit Jesus neu anfangen.

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Ich bin frei



Lorber und auch die anderen Neuoffenbarungspropheten schrieben und schreiben sicher auch ihre eigenen (evtl. unterbewußten) Gedanken. Das Lorberwerk verrät mehr über Lorber und seine Zeit, als über "Jesus". Aber neben der rein menschlichen Urheberschaft konnte ich bei Lorber auch etwas von einer dämonischen Beeinflussung spüren. Und seit meinem Erlebnis bei der Taufe weiß ich auch, wie sehr sie die Menschen, die sich darauf einlassen, beherrscht und bindet. In der Neuoffenbarung meldet sich "Jesus" persönlich zu Wort. Das ist ein ungeheuer hoher Anspruch, dem man kaum neutral gegenüberstehen kann. Entweder hier redet wirklich Jesus, aber dann würden die Schriften den Heilsplan der Bibel fortsetzen (wie Jesus das Alte Testament), oder jemand anderes nimmt sich das Recht heraus, in seiner Autorität zu sprechen. Die Neuoffenbarungen können also nur entweder absolut unverzichtbar oder absolut gefährlich sein.

Ich glaube nicht, daß man nur dann Christ sein kann, wenn man die Neuoffenbarung, die vielleicht im Regal steht, wegwirft. Ich glaube jedoch, daß sich viele bezüglich der Neuoffenbarung etwas vormachen. Wer behauptet, daß Bibel und Neuoffenbarung im Kern übereinstimmen, belügt sich selbst. Wer aber sein Vertrauen auf Jesus setzt, den wird Jesus nicht hängen lassen. Jesus, wie ich ihn kennengelernt habe, läßt sich nicht in 1500 Seiten Bibel sperren (wie einige Neuoffenbarungsanhänger richtig bemerken), aber auch nicht in 10 000 oder mehr Seiten Neuoffenbarung. Jesus lebt. Er lebt mit mir zusammen und ich kann von dem erzählen, was ich mit ihm erlebe, so wie die vielen Schreiber der biblischen Bücher. Endlich bin ich frei.

Mehr zu diesem Thema auf meiner Internetseite www.jakoblorber.de

oder in meinem Buch (eBook als pdf), das es hier kostenlos zum Herunterladen gibt:

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