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Ein Brief an Johanna Böhm


Mira am Dienstag, den 01. Mai 2012 um 22:45:53 Uhr

Liebe Johanna Böhm
Ich habe Ihre Webseite mit Aufmerksamkeit studiert und auch Teile Ihrer Schlussfolgerungen aus einigen Passagen des Loberwerkes zur Kenntnis genommen. Ich kenne Sie vermutlich nicht, muss aber aufgrund Ihrer Wortwahl und Ihren Texten davon ausgehen, dass Sie von Kindesbeinen (?) an, „Lorberinhalte“ rübergestülpt und nicht ver-mittelt bekommen haben. Dieses Phänomen der kontraproduktiven Überstülpung von Lorberinhalten von „Lorbereltern“ an ihre Kinder (und auch an die erwachsene Umgebung!) ist ein Phänomen, dass die Lorberbewegung (egal welcher Prägung!) wie ein rotes Band durchläuft. Kein Wunder, das da Kinder rebellieren (müssen) um zu überleben. Vor allem fehlt den meisten dieser Kreise eine kritische Auseinandersetzung mit den Werken. Ich habe selbst viele Kinder und Jugendliche betreut und weiß deshalb von was ich schreibe. Die meisten dieser Jugendlichen kennen die Lorber-Inhalte (ihrem Alter entsprechend) und sie leben damit ganz normal und ungezwungen. Der Grund: ich „ver-mittle“ und „ver- mittelte“ Inhalte und ermunterte die Kinder gleichzeitig zu kritischem Hinterfragen. Dazu sind sie frei, sich mit den Themen auseinanderzusetzen oder nicht. Ein Werk wie der „Saturn“ ist für die Kinder mehr ein phantastisches Märchen und das fasziniert. Ob es dort wirklich so ausschaut kümmert vorerst niemand. Dennoch kann man u.v.a. z.B. interessante soziale Lebensformen aus diesem Werk lernen.
Sie haben nun lobenswerter Weise den Job der kritischen Hinterfragung des Lorberwerkes übernommen, wobei ich klar anmerken möchte, dass ich Ihre Schlussfolgerungen daraus nicht unisono teile. Dies ist aber im Moment nicht besonders wichtig. Wichtiger erscheint mir ein eklatanter Denk- und Haltungsfehler“ bei Ihrer Be- und Verurteilung des Werkes entdeckt zu haben, der auf einem noch größeren Irrtum aufgebaut ist, nämlich, dass Jakob Lorber ein „Heiliger“ und beinahe unfehlbar sein muss(!), um so ein Werk vom „obersten Himmel“ vermittelt zu bekommen. Diesem großen Irrtum unterliegen (fast) alle „Lorberianer“, egal ob privat, Lorber-Gesellschaft oder Lorber-Verlag. Ich jedenfalls konnte bis jetzt nicht feststellen, dass Jesus sich als „Vermittlungswerkzeug“ nur Heilige auserwählt hat. Auch bei sehr gutem Hinblicken hat es diese „Heiligen“ (außer für Kircheninstitutionen!) auf Erden, also weder im AT noch NT, je gegeben. Im Gegenteil! Soweit ich die biblische Geschichte überblicke, sehe ich nirgends einen Propheten der auch nicht eklatante menschliche „Schwächen“ aufweist. Wollen Sie deswegen, so wie Sie es bei den Lorberschriften tun, aufgrund der zahlreichen Gräuelgeschichten (Mord- und Totschlag, Ausgrenzung, Inzest, Vergewaltigung, Verrat, Lügerei…haben Sie Beweise, das alles stimmt?) vor allem im AT, die Bibel als fragwürdig deklarieren und ad acta legen?
Zum Beispiel Jonas (wankelmütig, mürrisch), Moses (stur, aggressiv, unzimperlich). Moses käme heute vermutlich vor das Haagener Kriegstribunal und würde dort wegen groben Verstoßes gegen die Menschlichkeit (Totschlag im Affekt, Tausende von befohlenen Hinrichtungen wegen Frönen von Lebensfreude! Gesetz der verbrannten Erde, Raub) als Kriegsverbrecher angeklagt!
(2. Mos.2,12/ 2.Mos.32,28 ,/ 4. Mos. 25,4- 9, /4. Mos. 31)
Der große Prophet Elia rennt wie ein „Hasenfuß“ aus Angst vor der Rache einer Heidin (Isebel) in die Wüste und will dort deswegen sterben (1.Kön.19,3-4) usw. Nehmen wir Figuren bei Lorber wie: Mathael, Zorel, die Lerchenfeldnerin Helena, Robert Blum, Bischof Martin, Kado der ehemalige Wüstenfürst usw. alles auch nicht gerade „Heilige“ und dennoch wurden alle diese „schwachen“ Mitmenschen im Jenseits meistens früher als später mit wichtigen Aufgaben von oberster Stelle betreut.
Kurzum- weil gerade auch unser Jakob ein ganz normaler Mensch war mit Stärken und Schwächen und unehelichem Kind (wollen wir deswegen urteilen?) zudem den Hang zu Lebensgenuss, zumindest mit trinken hatte, ist mir auch klar, dass der gute Mann in diesem Job bestimmt oft an- und auch über seine Grenzen gekommen ist. 24 Jahre fast täglich aufgrund innerer Botschaften zu schreiben, ist nicht gerade einfach und bestimmt kein Traumjob. Auch 40 Jahre mit einem sturen Volk durch die Wüste zu pilgern gehört bestimmt zu den bevorzugten Karrierezielen eines Menschen oder Propheten!
Das dem so war besteht kein Zweifel, doch das er (Lorber) gewiss nicht immer und ausnahmslos die EINE reinere Stimme von anderen (auch von eigenen Prägungen und Phantasien) unterscheiden konnte, ist ebenso naheliegend. Somit müssen konsequenterweise, sich in dem vielen 1000-seitigen Werk auch Fehler und Schwächen eingeschlichen haben. Außer den Heiligenverehrer Lorbers hätte damit auch niemand ein Problem.
Vergleichen Sie einmal das objektive (!) Vorwort zu Katharina Emmerichs Werk „Das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus“. Das Werk ist zu 70% von ihrem katholischen eigenen Glauben geprägt und weist viele Fehler auf. Dennoch ist es ein wichtiges Werk, weil Emmerich die wahrscheinlichen Abläufe der ungeheueren Schmerzen von Jesu in Folter und Kreuzigung wie niemand zuvor vermitteln(!) konnte. Es liegt also am aufmerksamen Beobachter und Leser den Spreu vom Weizen zu trennen. Sich berühren zu lassen ist das Schlüsselwort…oder: prüfet und behaltet das Gute! (1.Thes.5,21). Dies gilt auch für das Loberwerk und auch für die Bibel. Es wäre zu einfach und auch zu oberflächlich Jesus als krassen Antisemiten (vgl. Anhang!) aufgrund einiger deftiger Aussagen (die an anderer Stelle klar relativiert werden) zu bezeichnen. Ebenso sollte man nicht einseitig einige naturwissenschaftliche Unklarheiten (z.B. in Bezug zum Aufbau der Sonne oder den Flugeigenschaft von Vögeln u.v.a). zitieren und bissig kommentieren, um damit das gesamte Werk und/oder deren Quelle in Frage zu stellen.
Man könnte fairerweise dann auch alle die Fakten auflisten, die eindeutig lange vor ihrer (auch wissenschaftlichen!) Entdeckung von Lorber niedergeschrieben wurden. Ebenso ist wahrscheinlich, dass mindestens 95% der Inhalte des Evangeliums der objektiven, geografischen, sozialen und geschichtlichen (so weit überprüfbar) Wahrheit entsprechen. Ich war beispielsweise in Israel und Jordanien und habe (ähnlich wie Dr. Christoph Schindler) aufgrund der Lorber-Werke eindeutige geografische Beweise der Richtigkeit (z.B. der natürlich nicht mehr vorhandene weiße See bei Genezareth, das „richtige“ Nazareth, die Ruinen des Bades von Markus dem Wirt etc.) dieses Werkes gefunden.
Dennoch es ist nicht mein Ansinnen hier einen Disput über Richtigkeit oder Nichtrichtigkeit von Lorberinhalten zu starten, sondern lediglich Ihnen insofern Unterstützung zu geben, dass man einfach ganz anders an die Person Lorber und deren Inhalte ran gehen sollte. Gelassener und nicht so verbissen. Kann man das, so findet am darin einen unermesslichen Fundus von großen Lebensweisheiten. Kann man dies nicht, so wird man sich entweder an den 95% Wahrheitsgehalt „festbeißen“ oder mit den 5% Schwachstellen Zweifel über das gesamte Werk verbreiten.

Mit freundlichem Gruß
Yves Kraushaar









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